Bericht vom Aufenthalt in unserm Kinderprojekt im Februar 2015

Bericht als PDF-Datei herunterladen

Es war ein erfreulicher und schöner Beginn unseres Aufenthalts - 131  Absolventen unseres Vocational Trainings Collegs hatten ihr Examen als HolzfacharbeiterIn, MetallarbeiterIn und ElektrikerIn bestanden. Nun wurden ihnen in festlichem Rahmen von Vertretern der Stadt sowie staatlicher Behörde ihre Certifikate überreicht; TV und Presse waren zugegen. Mein Kollege Hendrijk Guzzoni gratulierte im Namen unseres Freiburger Fördervereins und wünschte Glück bei der Arbeitssuche. Das Center, die Mitarbeiter, Kinder klein und groß feierten mit, begleitet von professionellen Musik- und Tanzgruppen.

Sodann begann unsere Arbeit …

Es war ein erfreulicher und schöner Beginn unseres Aufenthalts - 131  Absolventen unseres Vocational Trainings Collegs hatten ihr Examen als HolzfacharbeiterIn, MetallarbeiterIn und ElektrikerIn bestanden. Nun wurden ihnen in festlichem Rahmen von Vertretern der Stadt sowie staatlicher Behörde ihre Certifikate überreicht; TV und Presse waren zugegen. Mein Kollege Hendrijk Guzzoni gratulierte im Namen unseres Freiburger Fördervereins und wünschte Glück bei der Arbeitssuche. Das Center, die Mitarbeiter, Kinder klein und groß feierten mit, begleitet von professionellen Musik- und Tanzgruppen.

Sodann begann unsere Arbeit … mein Kollege Hendrijk Guzzoni war vor allem als Gesprächspartner und Berater des Leitungsteams gefragt. Im Fokus standen das Bewerberverfahren für einen Leiter des College sowie die Weiterentwicklung des Solarprojekts. Ein Fachmann vom Freiburger Fraunhoferinstitut ISE hatte in den letzten 3 Monaten die Grundlagen dafür geschaffen.  Die vorbereitete und im Wesentlichen fertiggestellte Solaranlage musste noch montiert werden. Desweiteren nahm er am Bewerbergespräch für eine Sozialarbeiterin teil.

Ich hatte meinen Arbeitsschwerpunkt auf den Kontakt mit Kindern und Jugendlichen gelegt, die außerhalb des Compounds bei Verwandten (Großeltern, Onkel, Tante, ältere Geschwister), in Wohngemeinschaften oder auch allein leben. Verteilt über das ganze Stadtgebiet konnte ich 51 Kinder/Jugendliche besuchen. Mit 2 weiteren Fördervereinen sind wir für ihren Lebensunterhalt, für Schulgeld, Schulkleidung verantwortlich und begleiten den Integrationsprozess in die äthiopische Gesellschaft. Die Erziehungsberechtigung hat unser Geschäftsführer Ato Girma.
Mit den Angehörigen gab es ein vertrautes Wiedersehen, unsere Kinder leben z.T. schon 4/5 Jahre in ihren Gemeinschaften. Der mich begleitende Sozialarbeiter übersetzte ins Amharische und so erfahre ich von Sorgen – nicht selten chronischen Krankheiten und auch von Konflikten, die es vor allem mit Jugendlichen gibt. Die meist konservativen Familienstrukturen und der von Jugendlichen erkämpfte Wunsch nach größeren Freiheitsräumen drängten auf  Gespräche und Kompromisslösungen – eine große Herausforderung für unsere Sozialarbeiter, ähnlich dem, was auch Eltern hierzulande in der Pubertät ihrer Kinder vielleicht erleben.
Belastend für einige der Kinder wird die Situation dann, wenn die Krankheit eines Familienmitglieds so sehr den Alltag bestimmt, dass Kinder häufig viel Verantwortung übernehmen, was sich nicht selten in nachlassenden Schulleistungen niederschlägt. Dennoch – diese Kinder haben immerhin einen Bezug zu ihren Wurzeln.
Kinder und Jugendliche, die in Wohngemeinschaften leben dagegen haben das nicht. Noch lebende Verwandte konnten entweder nicht gefunden werden oder wenn man wusste, wo sie leben, sahen sie sich außerstande das Kind bei sich aufzunehmen. Diese Gruppe unserer Kinder wird von unserem Sozialarbeiter bei den Schritten in die Selbständigkeit und Eigenverantwortung begleitet, 14tägig kommen sie zu einem Meeting ins Center, die Teilnahme ist Plicht. Den Betrag für Miete und für den Lebensunterhalt bekommen sie  ausbezahlt, eine neue, große Herausforderung, sie müssen das Haushalten lernen.
Im Großen und Ganzen konnte ich sehen, … das Konzept, lernen auf eigenen Füßen zu stehen, bewährt sich. Für die Arbeit des Personals „draussen“ sind die Anforderungen jedoch intensiv und äußerst hoch.

Und das Leben der 39 Kinder im Alter von 2/3 bis 15 Jahre im Center?

Unmittelbar vor unserer Ankunft waren 6 Kinder, jünger als 3 Jahre alt, von Pflegeeltern abgeholt worden. Sie lebten seit einem Jahr in unserem Center. Hausmütter und auch die älteren Kinder hatten eine liebevolle Beziehung zu ihnen, entsprechend groß war die Trauer. Hintergrund ist der Beschluss der Regierung, Kinder in Familien aufwachsen zu lassen; Adoptionen ins Ausland werden grundsätzlich nicht mehr genehmigt. Für Kinder, die älter als 3 Jahre alt sind, finden sich jedoch in der Regel keine Pflegefamilien mehr, sie leben weiterhin in unserem Center.

Von 7.30 bis 15.30 Uhr gehen alle Kinder entweder in den Kindergarten oder in die Schule. Schon Kindergartenkinder lernen Englisch und bekommen eine Beurteilung zu Verhalten und Leistung. Ab 16.00 Uhr wird es lebendig, es wird gespielt, getobt, einige waschen ihre Kleider, wieder andere haben Nachhilfeunterricht. Durch die perfekt funktionierende Solaranlage sind unsere Gebäude nicht vom regelmäßigen Abschalten des Stromnetzes betroffen, sodass unsere Kinder durchgehend Hausaufgaben machen  können.
Die schulischen Leistungen scheinen sich im letzten Halbjahr verschlechter zu haben, einen Grund sehen wir u.a. darin, dass der für schulische Angelegenheiten zuständige Sozialarbeiter gekündigt hat. Die Mitarbeiter unternehmen nun große Anstrengungen, um zum Abschluss des Schuljahres im Juni  bessere Ergebnisse zu erzielen, sie intensivieren den Kontakt mit den Lehrern und richten individuelle Fördergruppen ein.
Und wir mussten ein besonders bedrückendes und trauriges Ereignis miterleben. Ein Stadtteil überwiegend mit Hütten bebaut, wurde durch einen Brand vollkommen zerstört. In eins dieser Unterkünfte lebte eins unserer Kinder mit seinen Geschwistern, sie konnten sich lebend retten, hatten aber nur noch das, was sie am Leibe trugen. Unser Freiburger Verein hat sofort einen Betrag zur Verfügung gestellt, um für das Notwendigste zu sorgen. Besonders berührt hat uns die Hilfsbereitschaft und Solidarität unserer Kinder, für uns der Ausdruck einer menschlichen Selbstverständlichkeit in unserem Center.
Dagegen war der Kauf von Schuhen für jedes unserer Kinder ein sehr schönes Erlebnis, möglich geworden durch großzügige Spenden. Alle Kinder durften Schuhe aussuchen und auf dem Markt anprobieren (wir kaufen vor Ort, um auch die heimische Wirtschaft zu fördern). Gute Kleidung ist grade für unsere Kinder wichtig, da, wie man uns sagte, sie durchaus als Waisenhauskinder erkannt und auch ausgelacht werden.
So recht kann ich es nicht erklären, aber diesmal hat mir die Bedürftigkeit von Kindern und Menschen – auch außerhalb unseres Centers - zu schaffen gemacht. Es ist zwar nicht schwierig zu verstehen, dass es im übertragenen Sinn einen grundsätzlichen Hunger nach „Sättigung und nach noch mehr bekommen“ gibt, der sich vielleicht auch in dem einen oder anderen Brief an Paten äußert.
Geholfen hat mir aber dann der Gedanke meines Kollegen … unsere Kinder/Verwandte „müssen“ aus ihrer Situation heraus  fragen, ob wir ihnen etwas oder mehr geben können, und es ist an uns,  überlegt mit „ja“ oder „nein“ zu antworten, und wir können und sollten nicht jeden Wunsch erfüllen. Aus dieser Haltung heraus konnte ich zumindest älteren Kindern bewusst machen, dass Paten und Spender uns Geld geben, das wir dann für ihren Lebensunterhalt überweisen, dass die Mitarbeiter davon bezahlt werden und die Finanzierung ihrer Schulausbildung ermöglicht wird.

Wieder in Deutschland bleibt die gute Erfahrung und Gewissheit … wir arbeiten in einem äthiopischen Waisenkinderprojekt, das lebendig ist und sich unter den Bedingungen des Landes so entwickelt, dass die  Kinder zuversichtlich und mit Hoffnung in ihre Zukunft schauen können. Aber Sie wissen selbst, würden wir nicht Ihre zuverlässige Unterstützung bekommen, wäre damit auch unsere Arbeit, die wir als äußerst notwendig und sinnvoll erachten und die wir gern machen, zu Ende.
Dafür unser ganz herzliches Dankeschön.  Die Mitarbeiter und auch mehrere Kinder haben uns ausdrücklich gebeten, Ihnen ihr herzliches Danke zu sagen.

Mit meinem Kollegen Hendrijk Guzzoni wünsche ich, dass es Ihnen gut geht und grüße Sie herzlich

Freiburg, den 07.03.2015

M. Vogelsang