Hilfe für äthiopische Kinder

Äthiopien, „das Land, in dem die Sonne 13 Monate im Jahr scheint“ (Slogan des äthiopischen Tourismusverbandes in Anspielung auf die Tatsache, dass der äthiopische Kalender 13 Monate hat), ist geradezu prädestiniert für die Nutzung von Solarenergie. In diesem ostafrikanischen Land wird traditionell Holz verfeuert zum Kochen. Immer mehr Bäume, ganze Wälder fallen dem wachsenden Holzbedarf zum Opfer, häufige Überschwemmungen in der Regenzeit, Bodenerosion, Fortschwemmen des fruchtbaren Bodens und Versteppung sind die Folge. Außerhalb der Regenzeit ist Wasser knapp, die Stromerzeugung durch Wasserkraftwerke ist instabil, Trinkwasser ein kostbares Gut und Wasser zur Bewässerung für die Landwirtschaft erst recht. In Awassa, einer 300.000 Einwohner Stadt im Süden Äthiopiens gibt es mehr Tage mit stundenlangem Stromausfall als ohne, das Zusammenbrechen der kommunalen Trinkwasserversorgung ist keine Seltenheit.

Am Stadtrand von Awassa steht seit 2011 eine kleine Solaranlage, eine kleine Anlage zugegeben, aber eine Solaranlage, die in mancherlei Hinsicht der Beginn einer neuen Epoche für Awassa, für Äthiopien darstellen kann.

Das Awassa Childrens Center – zu Hause für 97 Waisenkinder

Das Awassa Childrens Center existiert seit 1999, gegründet von Aster Bekele-Dabels, einer Äthiopierin, die in Awassa geboren wurde und viele Jahre in Kirchzarten gelebt hat. 97 Kinder im Alter von 2 bis 18 Jahren werden vom Awassa Childrens Center versorgt.

Die Kinder sind, mit einer Ausnahme, alle Vollwaisen. Alleine in Awassa, so schätzt man, leben über 5.000 Waisenkinder auf der Straße. Malaria, AIDS/HIV, Atemwegentzündungen sind die häufigsten Todesursachen, Mangelernährung tut ihr Übriges. Die meisten Familien sind ökonomisch nicht in der Lage, für ein weiteres Kind zu sorgen, wenn es seine Eltern verloren hat. Die 97 Kinder bekommen im Awassa Childrens Center eine neue (Groß-)Familie. Sie bekommen zu Essen, schlafen in von den Fördervereinen finanzierten Wohn- und Schlafhäusern (die Kleinen zu zweit in einem Bett, die Größeren jeweils im eigenen Bett), werden von einer Krankenschwester medizinisch versorgt und in Hygienefragen, Verhütung und AIDS-Prävention unterrichtet. Die SozialarbeiterInnen helfen bei der emotionalen Stabilisierung der oftmals traumatisierten Kinder. Diese gehen regulär in der Stadt in die Schule, die Fördervereine sorgen für das Schulgeld, die Schuluniformen und das Lehrmaterial. Außerdem gibt es eine Hausaufgabenbetreuung.



„Selbstvertrauen und Zukunft schenken“

ist das Motto des Freiburger Fördervereins, der einen besonderen Schwerpunkt auf eine gute Bildung und Berufsausbildung aller „unserer“ Kinder legt. Ziel ist, dass alle Kinder beim Verlassen des Centers emotional, psychisch und besonders von ihren Kenntnissen und Fähigkeiten her, in der Lage sein sollen, ein selbstbestimmtes Leben zu führen, sich und ihre künftigen Familien zu ernähren und zu versorgen – und einen aktiven Beitrag zur Entwicklung der äthiopischen Gesellschaft zu leisten. Um diesem Ziel ein Stück näher zu kommen, hat der Freiburger Förderverein im Jahr 2005 beschlossen, mit Unterstützung des Bundesministeriums für Wirtschaftliche Zusammenarbeit („Entwicklungshilfe-Ministerium“) als zweites Standbein des Awassa Childrens Center eine Lehrwerkstatt zu bauen. Hier bekommen jährlich rund 180 Jugendliche (meist ebenfalls Waisen und aus sozial Benachteiligten Familien) eine einjährige Berufsausbildung in den Bereichen Holz (Schreiner/in), Metall (Schlosser/in), Elektriker/in, Sanitärtechniker/in und Solartechniker/in sowie Computer-Grundlagen. Bestandteil der Ausbildung ist ein vier- bis sechswöchiges Praktikum und eine Grundlagenschulung in Betriebswirtschaft. Von den gut 600 Jugendlichen, die seit 2006 bei uns eine Ausbildung abgeschlossen haben, haben über 95% eine Arbeitsstelle gefunden oder sich einzeln oder als Teil einer Kooperative selbständig gemacht. Derzeit gibt es Pläne, sofern und sobald die Finanzmittel dies zulassen, das Ausbildungszentrum auf 170 Lehrlinge pro Jahr zu erweitern mit den zusätzlichen Ausbildungsgängen Sanitär/Installation und Solartechniker/in. Im ACC sind insgesamt 27 Personen angestellt, alles Äthiopier/innen, davon einige Ausbilder in Teilzeit.

Das Awassa Childrens Center hat mittlerweile ein Jahresbudget von ca. 130.000.-€, wovon ca. ein Viertel auf das Ausbildungszentrum entfällt. Durch den Verkauf von selbstgefertigten Möbeln etc. kann das Ausbildungszentrum allerdings rund 10% seiner Ausgaben selbst erwirtschaften. Zum Jahresbudget 2013 steuert der Freiburger Förderverein „Kinderprojekt Awassa“ 60.000.-€ bei. Eine zweistellige Inflationsrate sorgt dafür, dass wir große Anstrengungen unternehmen müssen, um unserer Verantwortung für die Kinder auch weiterhin gerecht zu werden. Und eine besonders große Belastung kam auf unser Projekt zu, als die städtischen Behörden dem Center „über Nacht“ 29 zusätzliche Kinder im Alter von 2 bis 5 Jahren zuwies. Ursprünglich nur als Übergangslösung für ein paar Wochen gedacht, fiel es den Behörden schwer, eine anderweitige Unterbringung zu gewährleisten. 29 zusätzliche Kinder bedeutet aber eben auch: fünf zusätzliche Angestellte, „Hausmütter“ für die Kleinen, über 30% Mehrausgaben für Essen, Trinken, Kleidung, ein neues Schlafhaus, neue Betten, Regale usw. Nicht zuletzt sahen wir uns mit der Notwendigkeit konfrontiert, auf die Schnelle einen eigenen Kinderhort einzurichten. Doch sowohl für die Fördervereine als auch für Angestellte und auch die Kinder des Center war schnell klar: es ist uns völlig unmöglich, die „kleinen Knöpfe“ wieder wegzuschicken. Gerade an der Neuankunft der 29 kleinen Kinder zeigte sich der Erfolg der Bemühungen um soziale und emotionale Stabilisierung unserer Kinder, wurde deutlich, welch gutes Sozialgefüge die Kinder untereinander entwickelt haben, wie problemlos und fürsorglich die kleinen Neuankömmlinge in das Center integriert wurden.

Paten: Projektfinanzierung und persönlicher Kontakt

Der Förderverein Kinderprojekt Awassa hat sich vor Jahren entschieden, ein Patenschaftsmodell zur Finanzierung des Kinderheims in Äthiopien zu installieren. Wir suchen und werben Patenschaften für jedes einzelne unserer 97 Kinder. Der monatliche Beitrag von 30.-€ geht dabei nicht an das einzelne Kind, sondern kommt dem gesamten Projekt zugute. Wir freuen uns jedoch, wenn Paten Kontakt zu ihren Patenkindern aufnehmen und es zu einem Briefwechsel kommt. Für die Waisenkinder in Awassa ist es ein sehr schönes Gefühl, zu erfahren, dass es im fernen Europa einen Menschen oder eine Familie gibt, die sich um einen kümmert. Ziel ist neben der finanziellen Absicherung des Beitrages des Freiburger Fördervereins natürlich, dafür zu sorgen, dass jedes der 97 Kinder einen Paten oder eine Patin hat.

Daneben hoffen wir, dass neue Patenschaften in Freiburg einen Beitrag dazu leisten, dass das Awassa Childrens Center sein Angebot an die Kinder und Jugendlichen für eine gute schulische Bildung und berufliche Ausbildung aufrecht erhalten und ausbauen kann. Wir möchten, dass künftig möglichst alle Kinder den allgemeinen Schulabschluss nach der 10. Klasse erfolgreich abschließen und denjenigen, die die entsprechende Begabung haben, ermöglichen aufs College und auf die Universität zu gehen. Jibril (24), der mit elf Jahren im Center aufgenommen wurde, hat im Juni 2013 sein Studium als Bauingenieur abgeschlossen - und bereits eine hochdotierte Stelle angetreten. Drei weitere Frauen und Männer konnten sich für ein Studium qualifizieren. Die Anderen sollen mit einer qualifizierten Berufsausbildung gute Einstiegschancen in ihr Berufsleben bekommen.

Das Solarprojekt – ein Hoffnungsstrahl

Eine Ausbildung zum Solartechniker kann dabei eine optimale Chance in einer Zukunftsbranche sein. Ende 2011 haben die ersten 21 Jugendlichen ihre Ausbildung in diesem innovativen Beruf abgeschlossen. Das Interesse in Äthiopien an Solarenergie ist riesengroß. Unternehmen, Hotels, die nahegelegenen Universitäten und staatliche Stellen haben Interesse an unserem Solarprojekt und an Kooperationen bekundet. Die Solaranlage des Awassa Childrens Center hat eine Leistung von 5 KW. Heute schon sichert unsere Solaranlage nicht nur die Stromversorgung für die gesamte Beleuchtung des Centers, sowie für alle PCs sowohl der Verwaltung des Centers als auch des Ausbildungsganges Computer, es wird überschüssiger Strom in das öffentliche Stromnetz der Stadt Awassa eingespeist. Das Solarprojekt kann damit sowohl ein Funke sein, der den Einstieg in eine auf regenerativen Energien fußenden und dabei den Waldbestand schützenden Energiepolitik Äthiopiens befördern kann als auch ein Hoffnungsstrahl für die Zukunft der Kinder und Jugendlichen in Awassa darstellen.

25. Februar 2012, Text: Hendrijk Guzzoni