Patenrundbrief vom 30.3.2011

Liebe Freundinnen und Freunde,
liebe Paten
des Kinderprojekts Awassa,

kürzlich wurde Ephrem, das 70ste Kind in unser Center aufgenommen. Seit einer Woche haben die neuen Ausbildungsgänge begonnen, über Hundert Jugendliche haben eine Berufsausbildung begonnen, die ihnen die Chance bietet, später einen guten Job zu finden. Im mittlerweile 12. Jahr des Bestehens des Hawassa Childrens Center können wir feststellen, dass unser Projekt eine rasante Entwicklung genommen hat. Allen Spendern und allen Paten ganz, ganz herzlichen Dank für die Hilfe und Unterstützung unseres Projekts. Dies auch ganz ausdrücklich auch im Namen der Kinder, die mich auf meiner Reise letzten Monat gebeten haben, bitte allen Sponsoren ihren innigen Dank für die Unterstützung auszurichten.

Neben den üblichen Fragen des Budgets, standen bei meinem Besuch die geplante Erweiterung der Lehrwerkstätten, schulische und pädagogische Fragen im Mittelpunkt.

Zuvor jedoch ein Satz zum Solarprojekt: die Montage der Solaranlagen verzögert sich leider weiterhin, bei einem Besuch bei der Solarfirma in Addis sprachen die Verantwortlichen von Mai als wahrscheinlichem Zeitpunkt; immerhin sind die Teile aus Deutschland mittlerweile per Schiff unterwegs nach Äthiopien. Diese Verzögerungen sind ärgerlich, weil wir dieses Jahr Solartechnik in unsere Ausbildungsgänge bereits integrieren wollten.

Die geplante Erweiterung der Ausbildungswerkstätten (der Antrag beim Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit läuft) ist dringend erforderlich: der Run auf Ausbildungsplätze bei uns hält unvermindert an, nimmt sogar noch zu, der Bedarf ist enorm. Umso mehr als Hawassa weiter boomt und wächst. Die Einwohnerzahl von Hawassa wird von der dortigen Stadtverwaltung mit 294.000 (Stand November 2010) angegeben, und es wird gebaut und gebaut und...Wichtigste Änderungen sind neben den baulichen Maßnahmen und der Erhöhung der Zahl der Lehrlinge von ca. 100 auf ca.160, die Einrichtung der Ausbildungsgänge Solartechniker/in und Sanitär/Installation, sowie die Einrichtung eines 3-Monats-Kursus für Bauhandwerk. Die neuen Werkstätten sollen auf dem Nachbargrundstück gebaut werden.

Neuer Leiter der Lehrwerkstätten soll Temesgene, unser ehemaliger Sozialarbeiter werden, nachdem er Berufserfahrungen im Verwaltungsbereich sammeln konnte. Positiv, dass dadurch eine stärkere Verzahnung von Lehrwerkstätten und Kinderprojekt gewährleistet ist. Die Produktion von Backsteinen ruht derzeit aufgrund des hohen Zementpreises, dagegen ist die Nachfrage nach in unseren Werksttten produzierten Möbeln (Schulbänke, Stühle, Tische, Betten, Regale) nach wie vor sehr hoch - mit steigender Tendenz.

Mit Beginn des neuen Schuljahres sind viele unserer Kinder auf eine andere, besonders gute und anspruchsvolle Schule gewechselt (entsprechend sind die Noten, bzw. das Ranking bei einigen dadurch etwas rückläufig), wir streben nun an, dass zum neuen Schuljahr alle Kinder auf diese Schule wechseln sollen. In intensiven Diskussionen haben wir überlegt, wie wir die Qualität der Hausaufgabenbetreuung verbessern, unsere Kinder in ihrem schulischen Fortgang noch besser unterstützen können. U.a. überlegen wir, die Hausaufgabenbetreuung zeitlich zu reduzieren, dafür aber in kleineren Gruppen zu organisieren. Fest installiert haben wir im Center eine Theater-AG, die regelmäßig Stücke und Sketche einstudieren, die bei Festen auftreten. Überhaupt ist festzustellen, dass die Kinder immer offener und selbstbewusster auftreten; es geradezu sichtbar, wie sie innere Stärke entwickeln und dabei ausgesprochen solidarisch untereinander auftreten, sich gegenseitig helfen und unterstützen. In beiden Wohn- und Schlafhäusern gibt es übrigens jeweils einen kleinen Hund, um den die Kinder sich ausgesprochen liebevoll kümmern.

Massive Diskussionen gibt es um das „Family Reintegration Programm“. Wir haben im International Board den Beschluss durchgesetzt, dass die Kinder erst mit 16 Jahren zu ihren entfernten Verwandten gehen sollten und dafür etwas länger bei uns im Center wohnen sollten (auch danach trägt das Center weiter die Verantwortung, betreut die Kinder/Jugendlichen, sorgt für den regelmäßigen Schulbesuch etc.). Auch haben wir durchgesetzt, dass als Alternative zum Leben bei Verwandten auch die Gründung von Wohngemeinschaften, betreut durch den Sozialarbeiter und die Leiterin der Kinderabteilung, möglich sein soll. Derzeit leben 4 ältere Jungens in solch einer WG.

Die staatlichen Stellen drängen dagegen auf eine frühere „Abnabelung“ und „reintegration“. Im Fall von vier 14-jährigen Jungens (Mangesha, Isubalew, Hanesh und Bereket) haben Aster und ich schriftlich erklärt, dass wir es für unabdingbar halten, dass diese noch ein Jahr im Center verbleiben; der Leiter des Projekts Ato Girma unterstützt unsere Position und wird dies den örtlichen Behörden so mitteilen. Für die fünf 15-jährigen Mädchen Bereket, Kalkidane, Tesfanesh, Yemesrache und Midadu haben wir gemeinsam überlegt, dass diese nicht zu ihren entfernten Verwandten sollen, sondern gemeinsam ab dem Sommer eine betreute Wohngemeinschaft bilden sollen.

Weitgehend fertiggestellt sind die neuen (Außen-)Toilettenanlagen, die die alten Plumpsklos ablösen. Die neueste Errungenschaft des Centers ist ein mit Unterstützung der Partner-Organisation Selam gebohrter Brunnen. Nach dem Erwerb einer Pumpe und dem Legen der entsprechenden Leitungen, wird das Center (unbehelligt von nicht seltenen Ausfällen der städtischen Wasserversorgung) dauerhaft und kostenfrei mit eigenem Wasser versorgt sein (35 Grad warm), dass zum Duschen, Waschen, aber auch zur Bewässerung der Bäume, Blumen und Gärten im Center dienen kann. Ob es als Trinkwasser geeignet ist, wollen wir durch eine Wasseranalyse klären lassen. Trotz der hohen Inflation (über 10% im Jahr) haben wir besprochen, den wöchentlichen Speiseplan der Kinder abwechslungsreicher zu gestalten und vor allem, dass die Kinder mehr Obst bekommen.

Weiterhin ist festzustellen, dass unsere Kinder ausgesprochen gesund sind, Fälle von Malaria haben wir mittlerweile seit mehreren Jahren nicht mehr gehabt.

Das letzte Werbe-Flatblatt unseres Fördervereins war überschrieben mit „Zukunft schenken“. Es ist bewegend, auf den Reisen nach Hawassa festzustellen, dass uns allen, den Mitgliedern des Vereins, dem Vorstand, den Spenderinnen und Spendern, den Paten, ganz offensichtlich genau dies wirklich gelingt: unseren Kindern eine Zukunft, eine Chance auf eine selbstbestimmtes Leben zu schenken.

Mit herzlichen Grüßen

Hendrijk Guzzoni